In der Beratung der Menschen mit Epilepsien geht es häufig auch um den Einsatz des s.g. Notfallmedikaments. Welches Medikament ist wann und wie zu empfehlen? |
Prof. Dr. Felix Rosenow, Leiter Epilepsiezentrum Frankfurt Rhein-Main |
Als Mittel der ersten Wahl sind hier Benzodiazepame gut belegt. Von den Notärzten wird in der Regel Lorazepam, Clonazepam oder Midazolam intravenös verabreicht. Auch die intramuskuläre Gabe von Midazolam (mittels Applikator) ist seit einigen Jahren als sehr wirksam belegt.
Da pflegende und betreuende Personen meist keine solche Applikations- wege einsetzen dürfen, kommen hier vor allem die bukkale Gabe (in beide Wangentaschen), die intranasal Gabe mittels Nasenspray oder die rektale Gabe von Diazepam infrage. Käuflich verfügbar sind Buccolam (z.B. 5mg Fertigspritze, je zur Hälfte in die linke und dann in die rechte Wangen- tasche, derzeit zugelassen für Kinder und Jugendliche), Diazepam Rektiolen (zu Applikation rektal in den Enddarm). Im Epilepsiezentrum Frankfurt Rhein- Main und im Epilepsiezentrum Hessen in Marburg, setzen wir in unserer Apotheke hergestelltes Midazolam Nasenspray ein(2,5mg Hub – ein Hub in jedes Nasenloch). Bei den ersten 70 Patienten sind keine negativen Effekte aufgetreten und die Anzahl großer Anfälle in den folgenden Stunden war deutlich reduziert (s. auch Kay et al Epilepsia 2015). Besonders sinnvoll ist der Einsatz solcher Substanzen auch bei Patienten, die vor großen Anfällen eine prolongierte Aura, residivierende Auren oder andere Anfälle haben oder die zu Anfallsclustern neigen. Es dauert einige Minuten bis eine relevante Konzentration im Gehirn erreicht wird, sodass nicht zu erwarten ist, dass ein üblicher epileptischer Anfall, wenn er schon begonnen hat, in seiner Dauer verkürzt wird. Im Status Epilepticus hingegen können und sollten Benzodiazepame in diesen Darreichungsformen früh zum Einsatz kommen. Ein praktisches Hindernis beim Einsatz des Notfallmedikaments in Schulen ist der Mangel an geschultem Personal. Lehrerinnen und Lehrer fühlen sich oft nicht qualifiziert oder fürchten nicht versichert zu sein. So kommt es zu der paradoxen Situation, dass Kinder und Jugendliche mit Epilepsien unter pädagogischer Aufsicht häufig medizinisch unterversorgt sind. Hier besteht Handlungsbedarf.
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